Das ist das Fazit meiner Sichtung der Landtagswahlprogramme von CDU, Die Linke, SPD, FDP und Grünen zum Thema (Rad-)Verkehr.
CDU
Die CDU will u. a. zahlreiche neue Straßen bauen – das ist bedenklich, denn mehr Straßen bedeuten immer auch mehr Verkehr. Viel problematischer aber:
Konkret werden wir … das straßenbegleitende Radwegenetz weiter ausbauen
Die
CDU hat also noch nicht mitbekommen, dass straßenbegleitende Radwege die Sicherheit von Radfahrern nicht erhöhen, sondern eher senken – oder es ist ihr schlicht egal. Aber soviel Menschenfeindlichkeit möchte ich niemandem unterstellen.
Die Linke
…ist der Meinung, dass ein Umdenken in der Verkehrspolitik nötig ist.
Deshalb geben wir der Förderung und dem Ausbau des öffentlichen Personen- und Güterverkehrs sowie dem Ziel der Verkehrsvermeidung, u.a. durch einen Ausbau vorhandener Verkehrswege statt dem Neubau von Straßen, in unserer Politik Vorrang. „Mobilität für alle“ heißt für uns, die Nutzung von Eisenbahn und Fahrrad sowie Bus und Straßenbahn muss für alle attraktiv, barrierefrei und bezahlbar sein.
Hört sich gut an. Leider fehlt auch bei der Linken nicht die Forderung nach einem Ausbau des Radwegesystems. Radwege sorgen aber nicht für einen höheren Radverkehrsanteil – andere Maßnahmen wie z. B. Öffentlichkeitsarbeit sind viel effektiver.
SPD
Die SPD will viel in den Verkehr investieren. Das klingt nach neuen Straßen und mehr (Auto-)Verkehr, steht so aber nicht explizit im Programm. Dafür das hier:
Ein gestiegenes Umwelt- und Gesundheitsbewusstsein, aber auch hohe Kraftstoffpreise lassen immer mehr Menschen vom Auto auf das Fahrrad umsteigen. Diese vernünftige Entwicklung wollen wir weiter befördern. Wir haben die Investitionen in den Radverkehr massiv ausgebaut und werden hier weiter zulegen.
Äh, ja. “Investitionen in den Radverkehr” heißt: Neue, straßenbegleitende Radwege mit allen ihren ungesunden Folgen.
FDP
Die FDP ist Autofahrers Liebling: Sie ist gegen Tempolimits auf Autobahnen, will neue, autobahnähnliche Straßen bauen und hält wenig von Verkehrsüberwachung:
Verkehrskontrollen sind grundsätzlich an Unfallschwerpunkten und in der Nähe von Schulen und Kindergärten angebracht, nicht jedoch zur Sanierung kommunaler Haushalte.
Nee, Verkehrskontrollen dienen dazu, die Straßenverkehrsordnung durchzusetzen und sind überall dort angebracht, wo gegen sie verstoßen wird. Radfahrer gehören für die
FDP konsequenterweise nicht zum Verkehr: Sie werden im Wahlprogramm nur im Zusammenhang mit Tourismus erwähnt. Die
FDP will nämlich das Radwegenetz ausbauen, um den Tourismus in ländlichen Regionen zu fördern. Immerhin dagegen ist nicht viel zu sagen: Touristische Radwege sind meist abseits der Straßen.
Bündnis 90 / Die Grünen
Die Grünen haben im Verkehrsbereich von allen aufgeführten Parteien das mit Abstand ausführlichste Programm.
Dabei ist unsere Verkehrspolitik gekennzeichnet von einem ganzheitlichen Mobilitätskonzept. Wir setzen auf eine Kombination von Verkehrsvermeidung, Verlagerung von der Straße hin zu Bahn, Bus und Fahrrad sowie auf moderne und weniger umweltschädliche Autos.
Vor allem setzt sich die Partei für einen landesweiten Taktfahrplan für Bahn und Bus ein. Aber auch zum Thema Radverkehr gibt es einige Aussagen: Die Grünen wollen sachsenweit den Radverkehrsanteil von neun auf 15 Prozent steigern. Dazu soll z. B. der Bau von regengeschützten Fahrradabstellanlagen gefördert werden. Und:
Die Trennung von Rad- und Kraftverkehr ist keine Standardlösung zur Erhöhung der Verkehrssicherheit, denn sie beschleunigt in erster Linie den motorisierten Verkehr. Verkehrsberuhigung ist ein wirksames Instrument zur Steigerung der Verkehrssicherheit.
Die Grünen scheinen also die einzigen zu sein, die sich wirklich mit dem Thema Radverkehr und Verkehrssicherheit auseinandergesetzt haben. Gut gefällt mir auch der folgende Absatz:
In den sächsischen Schulen sollte an die Stelle der „klassischen“ Verkehrserziehung für Grundschulkinder eine umfassende Mobilitätserziehung nach dem Vorbild Schleswig-Holsteins oder Berlins treten, die nicht darauf zielt, Kinder an den Automobilverkehr anzupassen, sondern umfassend Themen aktiver wie passiver Verkehrssicherheit und eine gesundheits- und umweltbewusste Verkehrsmittelwahl zum Inhalt hat.
Fazit
Wer sächsischen Radfahrern gutes tun will, sollte bei der Landtagswahl Grün wählen. Die anderen Parteien sehen entweder Verkehr hauptsächlich als Autoverkehr (CDU, FDP, mit Abstrichen SPD) oder fordern unsichere, straßenbegleitende Radwege (CDU, SPD, Die Linke).
Angesichts dessen sollte es nicht verwundern, dass ich Grünen-Mitglied bin 