Wer’s noch nicht getan hat: Bitte den einführenden Artikel zu dieser Serie lesen!
Das Fazit vorab: Wer sollte Bündnis 90/Die Grünen wählen?
Alle, die sich für Leipzig eine zukunftsorientierte, umweltbewusste und vor allem kompetente Verkehrspolitik wünschen. In den Antworten wird deutlich, dass sich die Grünen ausführlich mit den angesprochenen Themen beschäftigt haben und eigene Ideen einbringen wollen. Aus Alltagsradfahrersicht stimmt allerdings bedenklich, dass ein gewisser Hang zu Radwegen zu erkennen ist. Immerhin sieht die Partei in Radverkehrsförderung aber noch mehr als nur den Bau von Radwegen oder das Bepinseln von Straßen.
An dieser Stelle nochmal der Hinweis, dass ich Mitglied bei den Grünen bin. Offensichtlich zu recht…
Die Fragen und Antworten
Lesehilfe: Persönliche Kommentare meinerseits sind kursiv gesetzt, die Fragen normal und die Antworten in Zitatboxen wiedergegeben.
1. Fußgängersicherheit
Der Anteil des Fußverkehrs am Verkehrsaufkommen geht stetig zurück. Wir meinen daher, dass mehr für die Sicherheit und Attraktivität des Zufußgehens getan werden muss.
a) Welche Maßnahmen werden Sie fördern, die die Sicherheit auf den Fußwegen erhöhen, insbesondere gegen das Befahren durch andere Fahrzeuge?
Zur Förderung des zu Fuß Gehens bedarf es nach Auffassung von Bündnis90/Die Grünen eines Bündels verschiedener Maßnahmen. Dazu gehören für uns neben Sicherheitsfragen auch Themen der Attraktivität (Wegeführung, Gestaltqualität des öffentlichen Raumes, Querschnitt der Fußgängeranlagen und deren angemessene Freihaltung von Einbauten) und der Instandhaltung der Fußwege. Gute Radverkehrsbedingungen, verbunden mit gezielter Öffentlichkeitsarbeit, können dazu beitragen, die Benutzung von Fußwegen durch Radfahrer zu verringern. Das Befahren von Fußwegen und das Parken auf diesen durch KfZ, insbesondere in gründerzeitlichen Wohngebieten, kann nach unserer Auffassung nur durch das Setzen von Pollern dauerhaft unterbunden werden. Wobei Poller vielfach in Form von Anlehnbügeln für Fahrräder gesetzt werden könnten und so eine sinnvolle doppelte Funktion erfüllen.
Offen bleibt natürlich, wo dann die Autos parken, die jetzt noch auf den Fußwegen stehen. Aber das war ja auch nicht die Frage – und ist mir persönlich auch ziemlich egal, ich habe ja kein Auto
b) Wo sehen Sie Möglichkeiten, zusätzliche Querungshilfen an Hauptnetzstraßen einzurichten? (Nicht überall sind dazu Ampelanlagen notwendig.)
Nach den bereits in den neunziger Jahren durchgeführten Untersuchungen zum Hauptstraßennetz der Stadt, die auch das Kriterium Trennwirkung / Überquerbarkeit beinhalteten, müssen an den dort erkannten Schwerpunkten mit hoher Barrierewirkung alle Möglichkeiten der Verbesserung der Situation ausgeschöpft werden. Dies können auch Mittelinseln, „Gehwegnasen“ und Geschwindigkeitsreduzierungen sein. Ein gutes Beispiel ist die im letzten Jahr erfolgte neue Markierung in der Straße An der Tabaksmühle, die auf einen Antrag der Fraktion Bündnis90/Die Grünen zurückging. Hier stehen nun nur noch zwei Fahrstreifen und dafür ein Parkstreifen, zwei Radstreifen und Überquerungshilfen zur Verfügung.
2. Fußgängerampeln
Aus der Verkehrswissenschaft ist bekannt, dass bei Rotphasen länger als 30 Sekunden das Risiko messbar ansteigt, dass Fußgänger die Fahrbahn trotz Rotlicht queren. Viele Fußgängerampeln haben derzeit deutlich längere Rotphasen.
a) Welche maximale Wartezeit an roten Fußgängerampeln in Leipzig möchten Sie durchsetzen?
b) Was halten Sie vom so genannten Doppelanwurf, bei dem innerhalb einer Ampelumlaufzeit den Fußgängern zwei Grünphasen gewährt werden?
Dies wird je nach konkreter Verkehrssituation unterschiedlich sein, und sollte auch ortskonkret zu unterschiedlichen Tagen und Zeiten differenziert geregelt werden. Insbesondere an Querungspunkten die z. B. nur am Wochenende einen hohen Querungsbedarf im Freizeitverkehr aufweisen, müssten Bedarfsampeln einen sehr kurzen Anforderungszeitraum aufweisen. Andererseits müssen Ampeln, die zu bestimmten Zeiten sinnvoll als Bedarfsampeln geschaltet werden können, zu Zeiten mit höherem Querungsbedarf und konkurrierendem Linksabbiegerverkehr als Festzeitampeln geschaltet werden, um lange Wartezeiten durch „Verpassen“ des richtigen Zeitpunktes zum Anfordern des Günsignals zu vermeiden. Wartezeiten bis max. 30 s sollten angestrebt, über 40 s generell vermieden werden. An Ampeln mit sehr langer Umlaufzeit kann der Doppelanwurf zur Verringerung der Wartezeiten beitragen. Im konkreten Einzelfall wird allerdings auch zu entscheiden sein, ob eine deutliche Reduzierung der Durchlassfähigkeit für den KfZ-Verkehr ggf. zu einem Aus- oder Neubaubegehren von Straßenanlagen beiträgt und dann die Situation in der Abwägung anders zu beurteilen ist.
Diese präventive Einschränkung kann ich nicht so recht nachvollziehen: Eventuellen Forderungen nach Straßenneu- und Ausbau muss man natürlich konsequent entgegen treten.
3. Investitionen in den Radverkehr
Nach Abschätzungen der Bundesregierung ist das Kosten/Nutzen-Verhältnis für Investitionen in den Radverkehr um ein Vielfaches günstiger als beim motorisierten Verkehr. Deshalb müsste es eigentlich gerade für Kommunen mit großen Finanzproblemen ein ‚Muss’ sein, besonders viel für die Radverkehrsförderung zu tun.
a) Wo sehen Sie die Ursachen dafür, dass dieser Fakt bisher kaum entscheidungsrelevant war?
Vermutlich wird der Straßenbau nach wie vor als wesentlicher für die kommunale Entwicklung angesehen und es herrscht die Haltung vor, einem prognostizierten KfZ-Verkehrsaufkommen eine adäquate Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, anstatt deren Ausbaufähigkeit an der Stadtverträglichkeit zu bemessen. So ist der Investitionsspielraum der Stadt sehr begrenzt, einzelne größere Straßenbauvorhaben gehen auf Grund ihres benötigten Finanzvolumens schnell zu Lasten jeglicher anderer Investitionen im Verkehrsbereich – dies betrifft den Unterhalt von Straßen und Brücken genauso wie die Radinfrastruktur oder gar die Sanierung von Fußwegen, die als separate Maßnahmen praktisch gar nicht vorkommen. Wir streben daher eine feste jährliche Mindestfinanzierung für die genannten Bereiche an und die Regelung, dass nur der darüber hinaus verfügbare finanzielle Spielraum auch für Neu- und Ausbauprojekte des KfZ-Verkehrs verwendet werden kann. Es gilt aber auch hier, dass die Förderbedingungen von Bund und Land Investitionen in eine stadtverträglichere Infrastruktur bisher eher erschwerend entgegenstehen.
So treffend hat das keine der anderen Parteien zusammengefasst, finde ich.
b) Werden Sie sich dafür einsetzen, dass unter diesem Aspekt die Mittel für Radverkehr im städtischen Haushalt deutlich aufgestockt werden? Wenn ja, um wie viel?
Bündnis 90/Die Grünen setzen sich dafür ein, dass die Mittel zur Verfügung gestellt werden, die für die Umsetzung des Radverkehrförderkonzeptes in der dort definierten Höhe benötigt werden.
Leserservice wäre es gewesen, diese Summe auch zu nennen.
4. Fahrradnutzung in Leipzig
Die Hälfte aller Pkw-Fahrten in Leipzig ist kürzer als 5 km und liegt damit in einem Entfernungsbereich, in dem das Fahrrad sogar das schnellste Verkehrsmittel ist. Schätzungen des Umweltbundesamtes zeigen, dass sich in Ballungsgebieten bis zu 30 % der Pkw-Fahrten auf den Radverkehr verlagern lassen.
a) Sind Sie mit dem Umsetzungsstand des 2002 von Ihnen mit großer Mehrheit beschlossenen „Handlungskonzept zur Förderung des Radverkehrs“ zufrieden? Wenn nicht: Wo sehen Sie Versäumnisse oder ungenutzte Möglichkeiten?
Nein, Bündnis90/Die Grünen ist eindeutig nicht zufrieden. Die Haushaltsansätze für den Radverkehr haben bisher nie den veranschlagten durchschnittlichen Jahresbedarf für die Umsetzung des Handlungskonzeptes erreicht. Ebensowenig können wir eine koordinierte und strategische Herangehensweise bei der Radverkehrsförderung erkennen, die jährlich erwartete Berichterstattung durch die Verwaltung lässt zudem ganz erheblich zu wünschen übrig. Allerdings wird diese aus dem Stadtrat auch nur aus der bündnisgrünen Fraktion nachgefragt und kritisch kommentiert. Insofern besteht auch hinsichtlich der Wahrnahme der Kontrollfunktion durch den Stadtrat ein deutliches Defizit. Die Defizite in der Umsetzung der Konzeption sind im Einzelnen sehr genau im kürzlich durchgeführten Bypad-Prozess benannt und festgehalten worden – wir teilen die dort gemachten Feststellungen und verweisen diesbezüglich auf den in Kürze zu erwartenden Abschlußbericht.
Der übrigens noch immer nicht vorliegt (die Antworten der Fraktionen sind Anfang April eingegangen).
b) Halten Sie die Initiierung von Sonderprogrammen für sinnvoll, um mehr Menschen zum Umstieg aufs Rad zu bewegen, wie etwa Radfahr-Markierungen, Fahrradparker, professionelle Öffentlichkeitsarbeit?
Wir plädieren zuerst für einen festen Radverkehrsetat, jeweils im Verwaltungs- und Vermögenshaushalt der Stadt, um verlässlich sowohl z. B. Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit als auch investive Maßnahmen der Infrastruktur finanzieren zu können. Unabhängig davon können wir uns auch Sonderprogramme vorstellen, die allerdings strategisch aus dem Handlungskonzept entwickelt werden müssten, um definierte Schwachpunkte mit maßgeschneiderten Maßnahmeprogrammen zu verbessern und die dann den Vorteil haben könnten, dass sie ggf. einfacher in den Haushalt zu bringen wären als eine Erhöhung des allgemeinen Etats.
Positiv fällt auf, dass sich die Grünen nicht auf den Radwegebau beschränken. Ich hätte mir in dieser Hinsicht allerdings deutlichere Aussagen gewünscht, aber dazu braucht es wohl noch mehr Überzeugungsarbeit und Mut, sind doch Radwege noch immer ziemlich populär.
5. Kinder im Verkehr
Ein großes Problem stellt der stark angestiegene Anteil der mit dem Auto zur Schule gefahrenen Kinder dar. Der Weg zur Schule zu Fuß oder per Rad ist nicht nur gesünder, die vielen „Mama-Taxis“ verursachen auch Sicherheitsdefizite für die übrigen Kinder auf dem Schulweg. Welche Möglichkeiten sehen Sie und wofür würden Sie sich konkret einsetzen, um diese unbefriedigende Situation zu verändern?
Mama-Taxis haben die unterschiedlichsten Ursachen. Reale Verkehrssicherheitsprobleme, übersteigerte und allgemeine Sicherheitsängste der Eltern, längere Schulwege durch eine geringer gewordene Dichte der Schulstandorte und die Zunahme der unterschiedlichen Schulformen, die bereits im Grundschulalter dazu führen, das für Schulen mit einem bestimmten Profil das ganze Stadtgebiet den Einzugsbereich darstellt. Insofern können sowohl relativ unspezifische Maßnahmen wie eine Förderung des innerstädtischen Wohnens, eine Temporeduzierung des PKW-Verkehrs und eine Verbesserung der Radverkehrsbedingungen als auch gezielte Projekte zur Mobilitätsschulung an den Schulen, in die die Eltern einbezogen werden müssen, zur Verbesserung beitragen.
Im Gegensatz zur CDU fällt auf, dass sich tatsächlich jemand Gedanken zu dem Problem gemacht hat…
6. Öffentlicher Personennahverkehr
Ein relativ guter Nahverkehrsplan ist eine Seite, der Finanzierungsvorbehalt bei seiner Umsetzung die andere Seite dieser „Medaille“.
a) Wie sollen Ihrer Meinung nach die im Nahverkehrsplan definierten Standards aufrecht erhalten werden, wenn die Finanzierung des ÖPNV nicht mehr durch Überschüsse des LVV-Verbunds gedeckt werden kann? Schnellere Fahrzeugumläufe der LVB dienen sowohl zur Senkung der Kosten des Verkehrsunternehmens als auch zur Verbesserung der Attraktivität für Fahrgäste und damit zur Steigerung der Einnahmen.
Der gegenwärtige Standard muss nach Auffassung von Bündnis90/Die Grünen bei Bedarf auch aus dem Haushalt der Stadt aufrechterhalten werden, wobei wir an dem Ziel festhalten, den Zuschussbedarf des ÖPNV dauerhaft aus den Gewinnen der anderen Unternehmen der LVV finanzieren zu können. Wir sehen allerdings auch die Notwendigkeit einer besseren Fördermittelbereitstellung durch das Land Sachsen, um insbesondere die notwendigen Investitionen in Fahrzeuge, Schienenwege und Gebäude des Öffentlichen Nahverkehrs darstellen zu können.
b) Wie stehen Sie zu einer stärkeren Priorisierung der Fahrzeuge des öffentlichen Verkehrs an Ampel geregelten Kreuzungen (im Vergleich zum aktuellen Zustand)?
Wir stehen für eine grundsätzliche Bevorrechtigung des ÖPNV, auch unter Inkaufnahme einer hinnehmbaren Verlangsamung oder der geringeren Durchlassfähigkeit von Kreuzungen für den motorisierten Verkehr. Zur Entscheidung wären die sicher bei den LVB vorhandenen Daten über problematische Knoten mit langen Wartezeiten und erzielbare Fahrzeitgewinne heranzuziehen und mögliche Verbesserungen mit den Auswirkungen auf alle anderen Verkehrsmittel abzuwägen.
7. Umweltqualitätsziele
Lärmbelastung und Feinstaub werden in Leipzig zu wesentlichen Teilen durch den Straßenverkehr verursacht und beeinträchtigen die Gesundheit der Bürger erheblich – und in Zukunft auch den Stadthaushalt (wenn die durch die EU festgelegten Strafen bei Überschreitung der Grenzwerte greifen).
a) Für welche Maßnahmen zur Eindämmung von Lärm- und Feinstaubbelastung werden Sie sich einsetzen?
Generell gilt für Bündnis 90/Die Grünen, das eine konsequent auf den Umweltverbund setzende
Mobilitätspolitik die beste Voraussetzung ist, um auch Feinstaub- und Lärmprobleme lösen zu können. Wir stehen zudem zur Einführung einer Umweltzone in Leipzig und für die Umsetzung weiterer, auch im Luftreinhalteplan festgelegter Maßnahmen, wie die verstärkte Straßenraumbegrünung. Die gesetzlich vorgeschriebene Lärmaktionsplanung (fällig eigentlich bereits zum 18.7.2008) muß zwingend in diesem Jahr unter breiter Mitwirkung der Bevölkerung durchgeführt werden.
b) Wie stehen Sie zur Diskussion um den Fluglärm im Raum Leipzig? Welche weiteren Lärmquellen sind aus Ihrer Sicht problematisch?
Die mit dem Flughafen und seiner nächtlichen Nutzung einhergehenden Lärmbelastungen sind durch die Stadtverwaltung lange unterschätzt und ignoriert worden. Wir setzen uns für die Einhaltung der mit der Planfeststellung getroffenen Festlegungen u. a. zur Nutzungsverteilung auf die beiden Start- und Landebahnen und zum Einsatz der Schubumkehr ein, sowie für die Einhaltung der am wenigsten die Bevölkerung belastenden Flugkorridore.
Besondere Beachtung, neben dem Straßenverkehr, bedürfen in Leipzig zudem auch der Lärm von Bahnstrecken und aus dem Betrieb der Straßenbahnen. Beide Themen sind in der Lärmaktionsplanung mit zu bearbeiten.
8. Mobilitätsmanagement und CarSharing
Maßnahmen des Mobilitätsmanagements in der Stadtverwaltung (z. B. Jobtickets, Vorteile für Mitarbeiter, die per Rad zur Arbeit kommen oder Diensträder nutzen, Car-Sharing-Nutzung für Dienstfahrten in der Verwaltung) können sowohl die Betriebskosten senken als auch die Umwelt entlasten. Auch der Parkdruck, z. B. am neu geplanten technischen Rathaus, kann deutlich verringert werden.
a) Welche Maßnahmen zur Steuerung der Verkehrsmittelwahl der städtischen Mitarbeiter erscheinen Ihnen sinnvoll?
Alle von Ihnen genannten Maßnahmen wären ein sinnvoller Teil eines kommunalen Mobilitätsmanagements. Es gibt hier bundesweit gute Beispiele erfolgreichen Mobilitätsmanagements, die auf ihre Übertragbarkeit geprüft werden müssten. Das Jobticket, das Schaffen sehr guter Bedingungen für die Fahrradnutzung und die offensive Werbung für diese Möglichkeiten sehen wir als besonders Erfolg versprechend an. Erste Voraussetzung wäre, dass sich die Stadtverwaltung der Verantwortung für das Mobilitätsverhalten der eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bewusst wird und die Aufgabe eines kommunalen Mobilitätsmanagements personell in einem Amt verankert.
b) Werden Sie sich dafür einsetzen, Car-Sharing-Stellplätze im öffentlichen Straßenraum durch Sondernutzungserlaubnis, Teileinziehung oder Flächenentwidmung zu ermöglichen?
Dies tut die bündnisgrüne Fraktion bereits seit geraumer Zeit, da wir den Ausbau des Car-Sharing Netzes für einen ganz zentralen Teil einer zukunftsfähigen Mobilitätsstrategie halten. Zielführend scheint uns derzeit zu sein, solange auf Bundesebene keine Regelung in Kraft gesetzt wurde, die den Kommunen das nötige Instrumentarium verschafft, die Sondernutzungssatzung der Stadt entsprechend zu ändern, so das eine Sondernutzungserlaubnis für Car-Sharing-Stellplätze im öffentlichen Straßenraum erteilt werden kann. Wir erwarten hier noch einen Vorschlag der Verwaltung vor dem Ende der aktuellen Wahlperiode und werden ansonsten einen eigenen entsprechenden Antrag in das Verfahren geben.
9. Öffentliche Infrastruktur
Die angekündigten zusätzlichen Mittel für die Infrastruktur aus dem 2. Konjunkturprogramm der Bundesregierung werden sicher auch in Leipzig begrüßt. Über den Verwendungszweck können die Kommunen unter Beachtung gewisser Rahmenvorgaben mit entscheiden.
a) Welche Maßnahmen sollen aus Ihrer Sicht mit diesen Mitteln in den Bereichen ÖPNV, Fahrrad- und Fußgängerverkehr ergriffen werden?
Die Maßnahmen waren in sehr kurzer Zeit festzulegen und stehen bereits fest. Dabei war keine allgemeine und freie Mittelverwendung möglich, sondern nur im von Bund und Land vorgegebenen Rahmen und nur soweit, wie potentielle Maßnahmen bereits weit genug vorgeplant waren. Im wesentlichen ist die Auswahl durch die Stadtverwaltung im Alleingang entschieden worden, der Stadtrat hatte nur eine Woche Zeit, den Verwaltungsvorschlag zu prüfen und dies, ohne die genauen Förder- und Ausschlussbedingungen, noch das Gesamtportfolio der in der Verwaltung prinzipiell vorbereiteten Maßnahmen zu kennen. Leider ist eine geplante Maßnahme (die Verbesserung des Lärmschutzes an der B2/95 im Leipziger Süden durch eine deutliche Erhöhung der Lärmschutzwand) durch die Linke und die SPD aus der Liste der durchzuführenden, in die Liste der „Ersatzmaßnahmen“ verschoben worden.
b) Meinen Sie, dass die als „Umweltprämie“ ausgewiesene Abwrackprämie tatsächlich ein Beitrag zur Klimaschutz ist?
Die Abwrackprämie ist weder ein sinnvolles Instrument zur Bekämpfung der grundsätzlichen Finanz- und Wirtschaftskrise, noch ein Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz. Sie ist teuer bezahlter volkswirtschaftlicher und ökologischer Unfug.
Treffer, versenkt. Interessiert nur leider keinen.
10. Bürgerbeteiligung
Das ehrenamtliche Engagement ist in der Stadtpolitik nach unserem Eindruck derzeit nicht sonderlich gefragt, was sich in Politikverdrossenheit, geringer Wahlbeteiligung, ständigen Klagen über die Verwaltungsbürokratie u. ä. äußert.
Welche konkreten Maßnahmen zu mehr und effektiverer Bürgerbeteiligung werden Sie anregen bzw. unterstützen?
Im Verwaltungsalltag sollte es nach unserer Auffassung regelmäßige Gesprächs- und Abstimmungsrunden mit den Verkehrsinitiativen geben. Zu Vorschlägen und Arbeitspapieren muss es eine zeitnahe Rückmeldung geben, um Frustrationen zu vermeiden. Darüber hinaus halten wir kooperative Prozesse wie die zum Tangentenviereck Nord oder den Bypad-Prozess für sehr geeignet, um mit institutionalisierten Vertretern nach gemeinsam getragenen Lösungen zu suchen. Wir hoffen und setzen uns dafür ein, dass der Bypad-Arbeitskreis dauerhaft weitergeführt wird. Für eine effektive und konsensorientierte Beteiligung betroffener Bürgerinnen und Bürger eignen sich eher andere Formen der Partizipation, wie z. B. die Planungszelle. Es gilt dabei, Lernprozesse in beide Richtungen zu initiieren – einerseits, das eine gute Bürgerbeteiligung zwar aufwendig ist, aber positive Ergebnisse und die Akzeptanz gemeinsam erarbeiteter Lösungen zur Folgen haben kann, andererseits, dass die eigenen (Bürger)wünsche konträr zu anderen Anforderungen oder Wünschen stehen können (siehe Parkproblematik in Schleußig) und Abwägungen notwendig sind. Insbesondere für die anstehende Lärmaktionsplanung fordern wir eine umfassende Mitwirkung der Bevölkerung, da hier auch vom Gesetzgeber eine weitergehendere Einbeziehung als in normalen Beteiligungsverfahren gefordert wird.